Weil man für einen Hasen früher nicht viel Geld bezahlen musste, wurde er von der ärmeren Bevölkerung am häufigsten als Opfertier gewählt. Deswegen hatte er in der Volksmedizin eine herausragende Bedeutung. Bei zahllosen Krankheiten wurden seine Organe, sein Blut oder Fett, aber auch ganze Körperteile äußerlich oder innerlich angewendet. Sie waren meist getrocknet, eingeäschert, oder wurden zu Salben und Tinkturen verarbeitet. Die überlieferten Anwendungsbereiche sind zahlreich:
aus: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Hanns Bächtold-Stäubli, 1993
Hase pulverisiert:
Gepulverte, ungeborene Junge einer Häsin heilen die Epilepsie und bei Frauen die Unfruchtbarkeit. Zu Pulver gebrannter Hase hilft gegen Harnsteine
Fleisch:
Hasenfleisch galt vor allem als Aphrodisiakum. Aber auch zu anderen Zwecken sollte es nützlich sein. Es verstopft, und fördert die Ausscheidung des Urins, dient als Schlafmittel und hilft gegen Frauenleiden und Ruhr.
Blut:
Noch im 17 Jh. bekam man vom Apotheker ein Tüchlein mit Hasenblut gemacht. Es wurde mit dem Blut eines Märzhasen getränkt und getrocknet. Den Kranken wurde es entweder aufgelegt, oder in Wein getaucht, wovon man den Kranken anschließend trinken ließ. Es half bei Durchfall, Hautkrankheiten, Sommersprossen, Warzen und Krämpfen. Durch Einreibung des Penis mit Hasenblut erzielt der Mann beim Beischlaf einen Sohn.
Fett:
Noch heute wird Hasenschmalz teilweise als Hausmittel verwendet. Es hilft bei bösen Augen (in Schlesien gilt es als schädlich für die Augen) , Gliederverrenkungen, Entzündungen und Geschwülsten, Gebärmutterkrebs, Frostbeulen, Hautkrankheiten, Herzgespann, Gicht, Schwindsucht, Halsweh, schwerer Geburt, ist eine gute Zugsalbe und hilft schließlich als Mittel zur Abtreibung.
Exkremente:
Hasenkot, im Säckchen um den Hals getragen verhütet die Schwangerschaft und heilt nächtliches Husten. Außerdem hilft es bei Brand und Eingeweideverletzungen. Bei der Kuh bewirken drei Abfälle des Hasen, dass sie in drei Tagen rindert.
Balg (Haut):
Bei Schlaflosigkeit legt man sich ein Hasenfell unter das Kissen
Außerdem hilft das Fell bei Augenentzündung, zur Entfernung eines Dorns, bei Hautkrankheiten, bei Gicht, zum Blutstillen bei der Entbindung, bei Schlingbeschwerden und zum Abtreiben eines totgeborenen Kindes.
Bald auferlegt, bald innerlich genommen helfen sie bei Blutungen, Brandwunden, Gedärmverletzungen, Bruchleiden, Wassersucht, und Harnzwang. Sie erleichtern den Auswurf, das Zahnen bei Kindern und die Entfernung bei Splittern.
Auge:
Das getrocknete Auge eines im März geschossenen Hasen trägt man umgehängt gegen Erblindung und Gürtelrose. Ein getrocknetes Augenpaar hilft bei schwerer Geburt.
Zähne:
Hasenzähne um den Hals getragen sind gut gegen Zahnweh. Den Kindern erleichtern sie das Zahnen. Aus dem selben Grund werden beide Kinnbackenknochen des Hasen zu beiden Seiten der Wiege angenagelt, oder ein Hasenkopf mit starken Zähnen wird zusammen mit der getrockneten Nabelschnur unter das Kopfkissen des Kindes gelegt.
Ohren:
Als Schlafmittel werden unter das Kopfkissen zwei Hasenohren gelegt. Pulverisierte Hasenohren helfen gegen Blutungen. Das Innere der Ohren, mit Frauenmilch angefeuchtet, wird kranken Augen auferlegt.
Pfoten:
Wie die Ohren des Hasen, so gelten auch die Pfoten als Schlafmittel. Ein aus vier Hasenbeinen gewonnenes Pulver wird auf "flüssige Schäden" gestreut.
Schwanz:
Gepulverter Hasenschwanz hilft gegen Kindsweh. Um einen Abort zu bewirken, legt man einen mit allen Haaren in Milch gekochten Hasen mit dem Kopf nach unten und dem Schwanz nach oben der Schwangeren auf den Leib.
Sprungbein:
Der sogenannte Hasensprung oder Springer, ein krummes Knöchelchen im Gelenk an den Hinteläufen des Hasen, gilt pulverisiert als Mittel gegen Epilepsie. Ebenso braucht man es bei schwerer Geburt und Rückenleiden.
Genitalien:
Der Hase wurde seit jeher als erotisches Reizmittel genossen. Hoden und Penis des männlichen, Gebärmutter des weiblichen Hasen werden pulverisiert zur Erzielung einer Empfängnis genommen. (Auch der Schaum, der dem Hasen aus dem Maul träufelt, gilt als befruchtend) Der Hoden gilt außerdem als Schlafmittel und hilft gegen Blattern.
Herz:
Das Herz des Hasen war noch im 18 Jh. als Arzneimittel amtlich anerkannt (offizinell/offizinal). Im pulverisierten Zustand genommen, stillt es Blutungen. Es erleichtert die Entbindung und hilft gegen Gebärmuttererkrankungen, außerdem gegen Epilepsie und Fieber.
Hirn:
Wie das Herz des Hasen war auch dessen Hirn im 18 Jh. noch offizinal (amtlich anerkannt). Es wurde als Zahnpasta verwendet und half Kindern beim Zahnen. Es sollte auch gut sein gegen das Zittern der Glieder. Gegen das Bettpissen der Kinder (enuresis noct.) wurde Hasenhirn in Wein getrunken oder der gekochte Kopf des Hasen wurde den Kindern zu essen gegeben, oder unter ihr Kopfkissen gelegt. Pulverisierter Hasenkopf ist blutstillend, wirkt bei Wunden und Brüchen heilend und hilft gegen Fuchskrankheit (Haarausfall). Im England des 16 Jh. galt das Hasenhirn als gedächtnisstärkend.
Lunge:
Des Hasen Lunge findet Verwendung bei Augenkrankheiten, Epilepsie, weiblichen Geschlechtskrankheiten, Asthma, Hautquetschungen, erfrorenen Gliedern, Podagra, Frostbeulen und Schuhdruck.
Magen:
Der Magen des Hasen macht Frauen fruchtbar und verleiht ihren Brüsten Milch. Er hilft gegen Gicht, Harnsteine und Halsdrüsenschwellungen.
Leber:
Die Leber des Hasen, die übrigens auch der Zukunftserforschung dient, verwendet man bei Blutgang (=Blutfluß aus dem Darm), roter Ruhr, blutigem Scheidenfluß, Nasenbluten, Wunden, Gliedsucht, Krebs, Leberleiden, Epilepsie.
Galle:
Die Hasengalle gilt als vortreffliches Augenmittel, das die Sehkraft stärkt, und sogar Binde sehend machen kann. Sie hilft auch gegen Schwerhörigkeit, Schwindel, Leberschmerz, Rheumatismus, Engbrüstigkeit bei Kindern. Außerdem ist sie ein gutes Schlafmittel; seltener hilft sie umgekehrt bei Schlafsucht. Bei Frauen wirkt sie befruchtend. Ebenso macht sie Kühe trächtig.
Milz:
Einreibung mit Hasenmilz vertreibt den Aussatz. Ansonsten ist die Hasenmilz in der Volksmedizin von keinerlei Bedeutung.
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