HÄSCHEN, SEXY SPÄßCHEN

Beim Anblick von Fell überkommt viele von uns unvermittelt der Drang, es zu berühren. So zum Beispiel, wenn wir uns dabei ertappen, wie wir ungefragt im Haarkleid fremder Tiere herumwühlen, die das ohne sichtlichen Genuß geduldig über sich ergehen lassen. Oft sind wir uns über die Ursache unseres aufdringlichen Handelns nicht im Klaren, und so können wir lediglich konstatieren, daß wir wieder mal den eigenen triebhaften Mechanismen zum Opfer gefallen sind.

 

Fell will immer gestreichelt werden.

Auch unter Tieren funktioniert die Wahrnehmung des Fells als Schlüsselreiz, der bei ihnen unmittelbare Zuwendungsreaktionen auslöst. Ein Instinkt regt sie dazu an, das eigene Haarkleid und auch das von anderen zu lecken, was eine Entsprechung zum Streicheln bedeutet.

Dass auch das menschliche Haar im allgemeinen einen erotischen Reiz ausübt, ist bekannt. Frauen mit langem Haar kommen in der Regel bei den Männern besser an. Je länger und weicher das Haar, umso stärker scheint dessen Anziehung zu sein. Umgekehrt allerdings finden Frauen es mehrheitlich attraktiver, wenn Männer ihr Haar kurz geschnitten tragen. Dabei wird jedoch volles Haar deutlich attraktiver bewertet als die Glatze. Daraus läßt sich schließen: Dem Partner ins Haar zu greifen, oder das Haar zu streicheln, ist für die meisten Menschen ein lustvolles Vergnügen.

Ausgefallenes Haar dagegen erweckt häufig unseren Ekel. Die Psychologie deutet das als unbewußte Abwehr gegen den Tod. Haare, Nägel und obere Hautschichten sind abgestorbene Zellteile unseres Organismus. Sobald sie nicht mehr direkt mit ihm in Verbindung stehen, ausgefallen, abgeschnitten, oder abgeschuppt sind, lastet ihnen ein Hauch von Verwesung an. Sie liegen als von uns abgelöste, tote Teile vor uns und wir wollen Abstand zu ihnen gewinnen. Deswegen können wir die Haare fremder Menschen in Bürste und Kamm nicht ertragen und auch fremde Haare im Ausguß oder anhaftende abgeschuppte Haut erregen unseren Widerwillen.

Pelze tragen wir dagegen ausgesprochen gern. Obwohl hier die Ablehnung oder der Ekel viel aufdringlicher sein müßten, weil wir uns nicht nur mit den Haaren eines toten Tieres, sondern auch mit dessen Haut kleiden. Das irritiert uns aber keineswegs, denn stets überwiegt das vermittelte Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Es scheint, als wäre die tote Hülle des Tieres in unserer Wahrnehmung wiederbelebt worden. Indem das Fell unbewußt eine Wesenhaftigkeit erlangt, die jeden Gedanken an Tod und Verwesung auszuschalten vermag, ist es selbst zu etwas Lebendigem geworden. Etwas Lebendiges, das unser Urbedürfnis nach Nestwärme und Geborgenheit befriedigt.